Home
Neue Tarifverträge in der Leiharbeit: Untere Entgeltgruppen steigen stärker
Leihbeschäftigte bekommen mehr Geld
Ende November 2016 hatten sich die DGB-Gewerkschaften in der dritten Verhandlungsrunde mit den beiden Leiharbeitsverbänden IGZ und BAP auf ein Tarifergebnis geeinigt. Der IG Metall-Vorstand und die Tarifkommission haben sich mit dem Tarifergebnis befasst und ihm zugestimmt. Damit haben jetzt alle DGB-Gewerkschaften das Ergebnis angenommen.
Die neuen Entgelttarifverträge bringen für die Leiharbeitnehmer bis 2019 ein jährliches Plus zwischen 2,5 und 3 Prozent im Westen und 4 und 3,5 Prozent im Osten.
Zudem konnten die Gewerkschaften ein weiteres wichtiges Ziel durchsetzen: Die Löhne in den unteren Entgeltgruppen steigen wesentlich stärker. Bis zum Ende der Laufzeit der Tarifverträge erhöhen sich die Entgeltgruppen 1 und 2 um etwa 20 Prozent mehr als die höheren Gruppen. Damit wächst auch der Abstand zum Mindestlohn deutlich.
Die Tarifverträge sehen außerdem vor, dass ab dem 1. April 2021 die West-Tariftabelle bundesweit gilt, also auch in Ostdeutschland. Damit konnten die Gewerkschaften durchsetzen, dass für die Leihbeschäftigten im Osten zusätzlich zu den zwölf Prozent Lohnerhöhungen bis 2019 auch der derzeit elfprozentige Lohnunterschied beseitigt wird.
Wie bei Tarifergebnissen üblich, ist eine Erklärungsfirst bis 31. Januar vereinbart. Erst danach sind die Tarifverträge rechtskräftig. Die Verträge haben eine Laufzeit von 36 Monaten bis Ende 2019.
Als Nächstes verhandelt die IG Metall die Tarifverträge über Branchenzuschläge in der Metall- und Elektrobranche, der Holz- und Kunststoff verarbeitenden sowie in der Textil- und Bekleidungsindustrie.
Tarifverhandlungen Leiharbeit beendet?
Tarifabschluss Leiharbeit: Jetzt sind die Mitglieder der Tarifkommissionen der Einzelgewerkschaften am Zug!
„Bei den aktuellen Tarifverhandlungen für die Zeitarbeitsbranche konnten sich die Arbeitgeberseite und die Gewerkschaften auf einen neuen Tarifabschluss einigen. Die neu tarifierten Entgelterhöhungen – basierend auf den Entgelten der BAP- und iGZ-Tarifwerke mit der DGB-Tarifgemeinschaft – steigen zum 1. März 2017, zum 1. April 2018, zum 1. April 2019 sowie zum 1. Oktober 2019 – jeweils für die Tarifgebiete Ost und West. Dabei steigen die Entgelte im Westen jährlich zwischen 2,5% und 3,2%. Im Osten steigen sie jährlich bis zu 4,82%. Die vollständige Ost-West-Angleichung in allen neun Entgeltgruppen erfolgt zum 01.04.2021. Die Entgelttabelle Ost entfällt zu diesem Zeitpunkt. (…)“
So die Darstellung von Seiten der Arbeitgeberverbände iGZ und BAP.
Der DGB erklärte nach dem Tarifabschluss vom 30. November:
„Wir haben seit Dienstag mehr als 24 Stunden Non-Stop verhandelt und eine deutliche Erhöhung der Entgelte erreicht. Der Kompromiss enthält viel von dem, was wir gefordert hatten. Die Gewerkschaften haben die vollständige Ost-West-Angleichung ab 2021 sowie eine überproportionale Anhebung der unteren Entgeltgruppen durchgesetzt. (…) Eine Besonderheit des Tarifabschlusses ist die Aufwertung der unteren Entgeltgruppen durch eine überproportionale Erhöhung der Entgelte. ‚Am Ende der Laufzeit werden sich die Tarife in der Leiharbeit deutlich vom gesetzlichen Mindestlohn entfernt haben. Das war uns besonders wichtig.’ Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 36 Monaten und endet zum 31.12.2019. Die Tarifkommissionen der Gewerkschaften werden das Ergebnis nun beraten.“ (siehe auch Tarifinformationen der IG Metall vom 6.12.2016 )
Moment mal!
Die Forderungen der DGB-Tarifgemeinschaft haben gelautet:
6% mehr Geld, mindestens aber 0,70 € pro Stunde mehr, das Ganze für zwölf Monate.
Und die Angleichung der Ost-West-Entgelte.
Logisch ist, dass man bei Verhandlungen am Ende nie das herausbekommt, was man ursprünglich gefordert hat – keine Frage. Was ist aber von den ursprünglichen Forderungen der DGB-Tarifgemeinschaft zur Leiharbeit übrig geblieben?
Leiharbeitskräfte fragen sich: Läuft hier eine „Schönrechnerei“?
Im „Osten“ sollen die Löhne und Gehälter jährlich bis auf 4,82% steigen. Diese 4,82%ige Erhöhung ist aber eine Mogelrechnung. Die Berechnungsbasis sind die 8,50 € Mindestlohn aus diesem Jahr. Da aber der gesetzliche Mindestlohn ab Januar 2017 auf 8,84 € steigt (das entspricht einer Erhöhung um 4% !) und muss auch in der Leiharbeit ab Januar bezahlt werden - ganz ohne Tarifverhandlungen. Die 4% sind dem gesetzlichen Mindestlohn ab Januar 2017 geschuldet. Bleibt also eine Tariferhöhung ab 01. März 2017 von 0,8%.
Die Forderung der DGB-Tarifgemeinschaft war 70 Cent mindestens. Herausgekommen sind 7 Cent!
Und was die Laufzeiten der „Ostangleichung“ betrifft: Das erste Angebot der Arbeitgeberverbände waren 48 Monate ab dem 01. Juli 2017. Also 54 Monate. Herausgekommen sind 51 Monate.
Bei der Laufzeit des Entgelt-Tarifvertrages mit 36 Monaten ist in der DGB-Presseerklärung nicht erwähnt, dass es für die Entgeltgruppen E3 bis E9 in den ersten zwei Monaten eine Nullrunde geben soll.
Was sagen die Mitglieder der Tarifkommissionen unserer Einzelgewerkschaften zu dieser „Schönrechnerei“?
Hier fallen die nächsten Entscheidungen, das Verhandlungsergebnis ist noch nicht der Abschluss der Tarifverhandlungen!
Die Tarifkommissionen der Einzelgewerkschaften sind jetzt gefragt!
Die Erklärungspflicht läuft am 31. Januar 2017 ab!
Betriebsräte aus der Leiharbeit zu Equal Pay
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung
Neue Analyse
LEIHARBEIT UND WERKVERTRÄGE: GESETZENTWURF DER BUNDESREGIERUNG HAT SCHWÄCHEN
Die Zunahme und der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen haben die Bundesregierung veranlasst, in ihrem Koalitionsvertrag Reformen anzukündigen. Ein Gesetzentwurf zur Umsetzung dieses Vorhabens durchläuft gerade das Gesetzgebungsverfahren. Am 17. Oktober findet dazu eine Expertenanhörung im Bundestag statt. Forscherinnen und Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung haben den Gesetzentwurf analysiert. Ihr Fazit: Die von der Bundesregierung geplante Reform beinhaltet zahlreiche erfreuliche und notwendige Neuregelungen, die für mehr Transparenz und wirkungsvollere Sanktionen gegen Missbrauch sorgen. Insgesamt erreicht der Regierungsvorschlag das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel jedoch nicht, Leiharbeit auf ihre Kernfunktion – die Bewältigung von Auftragsspitzen und vorübergehenden Personalschwankungen – zurückzuführen und rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zu verhindern.
Mit dem vorliegenden Entwurf sei es beispielsweise weiterhin möglich, „Stammbeschäftigte auf Dauerarbeitsplätzen durch Leiharbeitskräfte zu ersetzen“, warnen die Arbeitsrechtlerin Dr. Nadine Absenger und ihre Kollegen. Für die effektive Abgrenzung von missbräuchlichen und ordnungsgemäßen Werkverträgen bringe der Gesetzentwurf nur wenige Verbesserungen, denn es fehle der ursprünglich vorgesehene Kriterienkatalog. Die Informationsrechte von Betriebsräten würden zwar klargestellt, die eigentlich notwenige Mitbestimmung sehe der Gesetzentwurf aber nicht vor.
Zudem ist es aus Sicht der Forscher unwahrscheinlich, dass der deutliche Einkommensrückstand von Leiharbeitern gegenüber anderen Beschäftigten nachhaltig reduziert werden kann. Leiharbeiter verdienen durchschnittlich 43 Prozent weniger als andere Beschäftigte. Davon lässt sich lediglich die Hälfte durch Qualifikationsunterschiede erklären.
Ein Teil der Defizite entstand nach Analyse der Forscher daraus, dass der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf im Vergleich zu ersten Vorlagen aus dem Arbeitsministerium und zum Teil auch gegenüber dem Koalitionsvertrag deutlich abgeschwächt wurde. Das betrifft unter anderem die folgenden Punkte (siehe auch die tabellarische Zusammenfassung auf den Seiten 3-5 im WSI-Report):
Leiharbeit: Mehr Möglichkeiten, Höchstüberlassungsdauer zu überschreiten. Grundsätzlich sieht der Regierungsentwurf vor, dass ein Leiharbeitnehmer maximal 18 Monate im selben Entleihbetrieb beschäftigt werden darf. So soll erreicht werden, dass Leiharbeit „vorübergehend“ ist. Längere Einsatzzeiten sind möglich, wenn sie in für die Entleihbranche gültigen Tarifverträgen vorgesehen sind. Anders als im Koalitionsvertrag und in den Entwürfen des BMAS vorgesehen, sollen nun aber auch Betriebe ohne Tarifbindung nicht nur bei Vorhandensein entsprechender tariflicher Öffnungsklauseln, sondern auch durch Übernahme der tariflichen Abweichungen in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen Leiharbeiter länger einsetzen dürfen. Die WSI-Forscher lehnen das ab. Damit werde die Tarifautonomie unterlaufen. In manchen Unternehmen könnten zudem die Arbeitnehmervertretungen unter Druck gesetzt werden, entsprechenden Abweichungen zuzustimmen.
Darüber hinaus sehen die Autoren des neuen WSI-Reports bei der Konstruktion der Höchstüberlassungsdauer ein weiteres grundsätzliches Problem: Da die Obergrenze sich nur auf den konkreten Leiharbeitnehmer beziehe, könnten Unternehmen diesen gegen einen anderen Leihbeschäftigten austauschen oder ihn nach drei Monaten erneut einsetzen und so nach wie vor Dauertätigkeiten durch prekär Beschäftigte erledigen lassen. Richtiger und vor allem stärker im Sinne der entsprechenden EU-Leiharbeitsrichtlinie sei es, Höchstüberlassungszeiten für Arbeitsplätze festzulegen, um Drehtüreffekte zu verhindern.
Schlechtere Chancen auf Equal Pay: Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Leiharbeitnehmer nach spätestens 9 Monaten ebenso bezahlt werden sollen wie vergleichbare Beschäftigte im Entleihbetrieb. Im ersten Gesetzentwurf des BMAS wurde die Wartefrist auf 12 Monate verlängert, der aktuelle Kabinettsbeschluss der Bundesregierung lässt nun 15 Monate Abweichungen von Equal Pay zu. Voraussetzung: Es gilt ein Tarifvertrag, der vorsieht, dass die Löhne der Entliehenen nach sechswöchiger Einarbeitungszeit stufenweise an die der fest Beschäftigten angenähert werden. Außerdem sollen vorherige Einsatzzeiten beim gleichen Entleiher nur dann auf die Wartezeit von Equal Pay angerechnet werden, wenn sie maximal drei Monate zurückliegen – und nicht sechs, wie ursprünglich in den BMAS-Entwürfen vorgesehen. Dadurch dürften nur wenige Leiharbeitnehmer in den Genuss gleicher Bezahlung kommen, analysieren die Forscher. Denn meist sind ihre Einsatzdauern deutlich kürzer. Weitere Verschlechterung: Übertarifliche Leistungen an die fest Beschäftigten sollen bei der Bestimmung von Equal Pay nicht mehr mitzählen.
Kein Kriterienkatalog zur Abgrenzung von ordnungsgemäßem und widerrechtlichem Fremdpersonaleinsatz: Wie sich rechtlich korrekte Werkverträge, beispielsweise für Renovierungsarbeiten oder ein abgegrenztes EDV-Projekt, von verdeckter Leiharbeit unterscheiden, haben Gerichte in zahlreichen Urteilen herausgearbeitet. Für Kontrollbehörden, die in Unternehmen prüfen sollen, ob alles mit rechten Dingen zugeht, aber auch für Beschäftigte, ist dies jedoch häufig schwer abzugrenzen. Darum umfassten die ursprünglichen Gesetzespläne des BMAS, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, einen kompakten Kriterienkatalog auf Basis der Rechtsprechung. Der fehlt nun im Kabinettsbeschluss. Die ersatzweise geplante neue Definition des Arbeitnehmerbegriffs im Bürgerlichen Gesetzbuch gleiche diese Lücke nicht aus, kritisieren die Forscher.
Mitbestimmung: Keine echten Verbesserungen. Der Regierungsentwurf stellt klar, dass Betriebsräte über Leih- und Werkvertragsarbeit in ihrem Betrieb informiert werden müssen. Dies explizit festzuhalten ist aus Sicht der Autoren des WSI-Reports ein Vorteil. Doch echte Mitbestimmungsrechte fehlen, was insbesondere beim oft sehr intransparenten Einsatz von Werkverträgen ein Problem sei. „Insbesondere auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung und der Zunahme sogenannten Crowdworkings ist der Ausbau von Mitbestimmungsrechten für eine zeitgemäße Arbeitnehmervertretung unerlässlich“, schreiben die Expertinnen und Experten. Auch Regelungen zum Arbeitsschutz für Werkvertragsbeschäftigte suche man im Gesetzentwurf vergeblich – anders als noch im Koalitionsvertrag angekündigt.
Grundsätzlich positiv wertet das WSI, dass der Regierungsentwurf explizit festschreibt, Leiharbeiter mitzuzählen, wenn es um die Beschäftigtenzahl im Entleihbetrieb geht. Das ist wichtig, weil u.a. Betriebs- und mitbestimmte Aufsichtsräte erst ab einer bestimmten Mindestgröße vorgesehen sind. Allerdings monieren die Autoren auch hier zwei Punkte: Bei der Unternehmensmitbestimmung zählen laut Regierungsentwurf nur Leiharbeiter, die mindestens sechs Monate im Betrieb sind. Und beim für die Beschäftigten besonders wichtigen Schwellenwert, ab dem ein Betriebsrat im Fall von Stellenabbau einen Sozialplan erzwingen kann, soll die Zahl der entliehenen Kollegen keine Rolle spielen.
Konsequentere Sanktionen. Mit den größten Fortschritt attestiert das WSI dem Gesetzentwurf bei den Sanktionen. Leiharbeitsfirmen sollen u.a. bei Überschreitungen der neuen Höchstüberlassungsdauer und bei verdeckter Leiharbeit künftig ihre Lizenz verlieren. Zudem sollen Leiharbeiter in diesen Fällen eine Anstellung im Entleihbetrieb bekommen.
Abgeschwächter Schutz gegen Streikbruch. Durch massiven Einsatz von Leiharbeitnehmern können Unternehmen versuchen, einen Streik ihrer Beschäftigten ins Leere laufen zu lassen. Ursprünglich wollte die Regierung solche Streikbrüche generell verbieten. Im Kabinettsentwurf der Bundesregierung ist die Regelung allerdings deutlich abgeschwächt: Der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher soll grundsätzlich nur dann untersagt sein, wenn sie konkrete Tätigkeiten übernehmen, die zuvor Streikende ausgeführt haben. Das WSI begrüßt zwar den grundsätzlichen Versuch einer Regelung. Der derzeitige Regelungsvorschlag führe aber zu Rechtsunsicherheiten und Beweisproblemen und bleibe hinter den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zurück.
Wegen der Schwächen im Gesetzentwurf der Bundesregierung empfehlen die Autoren des WSI-Reports, den Kabinettsbeschluss im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch zu ändern. Eine stringente Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen sei nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer, sondern der gesamten Wirtschaft, geben die Autoren zu bedenken. Zwar ließen sich durch Einsatz atypischer Beschäftigung möglicherweise kurzfristig Kosten senken. Langfristig bezahlten Unternehmen dafür aber unter anderem mit Verlusten bei Kompetenzen und Produktivität.
Presseerklärung des DGB-Bundesvorstandes zu den Tarifverhandlungen
Tarifrunde Leiharbeit: Erstes Arbeitgeberangebot nicht annehmbar
Die DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit hat sich am Freitag in Hannover zur ersten Verhandlungsrunde mit dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) getroffen. Die Gewerkschaften haben den Arbeitgeberverbänden ihre Forderungen in Hinblick auf den Entgelttarifvertrag vorgestellt und begründet:
- Erhöhung der Entgelte um 6 Prozent, mindestens aber 70 Cent pro Stunde,
- Ost-West-Angleichung in allen Entgeltgruppen,
- Entgelttarifvertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten.
Ein Mindestbetrag von 70 Cent pro Stunde soll die unteren Entgeltgruppen überproportional anheben, um die Differenz zwischen den Entgelten nicht zu vergrößern. Darüber hinaus hält die DGB-Tarifgemeinschaft die Ost-West-Angleichung aller Entgelte 26 Jahre nach dem Fall der Mauer für dringend geboten.
Die Arbeitgeber-Seite hat die Forderungen zur Kenntnis genommen. Darüber hinaus hat sie die Ost-West-Angleichung frühestens nach 48 Monaten für alle Entgeltgruppen angeboten. Für einen solchen Abschluss über 48 Monate bieten die Arbeitgeber pro Jahr 2 Prozent ab 1.7.2017 an. Dieses Angebot ist für die Gewerkschaften nicht annehmbar. Sie haben der Arbeitgeberseite mitgeteilt, dass sie an ihren Forderungen festhalten und sie aufgefordert, ihr Angebot deutlich nachzubessern. Der nächste Verhandlungstermin ist der 11. November 2016 in Hamburg.
Hintergrund:
Die Leiharbeit ist die einzige Branche, in der alle acht Mitgliedsgewerkschaften als DGB-Tarifgemeinschaft Tarifverhandlungen führen. Die Entgelttarifverträge zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) sowie dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) wurden fristgerecht zum 31. Dezember 2016 gekündigt.
Die unterste Entgeltgruppe liegt zurzeit bei 9,00 Euro (West) bzw. 8,50 Euro (Ost). Die Tarifverträge kommen für deutlich über 90 Prozent der ca. 915.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in Deutschland zur Anwendung. Davon sind wiederum viele in Betrieben eingesetzt, für die Branchenzuschläge gelten. Die Tarifentgelte bilden auch die Basis für etwaige Branchenzuschläge.
Die Forderungen der Tarifgemeinschaft des DGB
Die Tarifrunde für die Beschäftigten in der Leiharbeitsbranche startet am 7. Oktober in Hannover. Die Gewerkschaften fordern eine Entgelterhöhung von sechs Prozent, mindestens aber 70 Cent pro Stunde, was insbesondere den unteren Entgeltgruppen zugute kommen würde. Dazu kommt die Forderung nach Ost-West-Angleichung aller Entgeltgruppen. Der neue Tarifvertrag soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben. Derzeit gilt in der Leiharbeitsbranche ein Branchenmindestlohn von neun Euro brutto die Stunde im Westen und 8,50 Euro im Osten. Zum 31. Dezember laufen die aktuell geltenden Tarifverträge aus.
Tarifrunde Leiharbeit 2016/17
Missbrauch per Gesetz regulieren?
oder: Per Tarifvertrag zu equal pay und equal treatment?
oder: Leiharbeitstarifverträge ersatzlos kündigen?
Unsere IG Metall und auch die anderen DGB-Gewerkschaften wollen die derzeitig geltenden Tarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft mit den Arbeitgeberverbänden der Verleihbranche nicht ersatzlos kündigen, schon gar nicht den Manteltarifvertrag.
Für oder gegen Tarifverträge in der Leiharbeit gibt es viele, mehr oder weniger gut begründete Positionen. Das Gesetz ist auf den ersten Blick eindeutig. Sowohl das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) als auch die europäische Leiharbeitsrichtlinie geben equal pay und equal treatment vor. Und auf den zweiten Blick relativierend: Ausnahmen kann ein Tarifvertrag regeln.
Brauchen wir Tarifverträge, die schlechter sind als geltendes Recht? Verhandeln die DGB-Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen für die Stammbeschäftigten über eine Anzahl von Urlaubstagen, die unterhalb der gesetzlich geregelten vier Wochen liegen? NEIN. Das tun sie nicht und das ist auch gut so! Tarifverträge machen nur dann Sinn, wenn sie die Vorgaben aus der Gesetzgebung verbessern.
Wenn man akzeptiert, dass Menschen verliehen werden können wie eine Hubarbeitsbühne, dann muss man über die Regeln reden, über Gesetze und (Tarif-)Verträge. Wenn man dies nicht akzeptiert, dann muss man politisch für ein Verbot der Leiharbeit kämpfen. Dazwischen gibt es nicht viel mehr als dem Warten auf bessere Zeiten.
Für die Leiharbeit könnte ein Tarifvertrag heißen: Gleiches Geld für gleiche Arbeit gilt ab dem ersten Einsatztag im Entleihbetrieb. Betriebliche Vereinbarungen für Stammbeschäftigte des Entleihbetriebes gelten auch für Leiharbeitskräfte während der gesamten Einsatzdauer. Als Ausgleich für die Unsicherheit und den psychischen Druck, die eine Anstellung bei einer Verleihfirma bedeuten, gibt es Ausgleichs- oder Risikozuschläge, Regelungen für einsatzfreie Zeiten und vieles mehr.
Demnächst Umfrage des DGB
Der DGB hat angekündigt, ab Anfang Juli eine Umfrage unter Leiharbeitern zur kommenden Tarifrunde zu starten:
Sicherlich eine gute Idee, mit den Betroffenen zu sprechen. Aber schauen wir uns die Fragen an:
Braucht die DGB-Tarifgemeinschaft hierfür wirklich eine Umfrage? Die Antwort auf die ersten drei Fragen lautet schlicht EQUAL PAY!!! Und Kollegen, wie soll ein Leiharbeiter Aussagen über die Laufzeit von Tarifveträgen treffen, wenn doch innerhalb der Gewerkschaften die Diskussion schon lange darum geht, ob es DIESE Tarifverträge wirklich noch braucht. Das läßt befürchten, dass man sich in näherer Zukunft auf dem leider untauglichen Gesetzentwurf von Frau Nahles ausruhen will.
ZOOM ist hundertprozentig für Basisbeteiligung, aber wenn, dann bitte mit den richtigen Fragen!
Wie Bundesarbeitsministerin Nahles die Rechte von Leiharbeitern stärkt ...
„Andrea Nahles feiert die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsrechts. Das Gesetz führt zu einschneidenden Verschlechterungen im Vergleich zum geltenden Recht.“ So Professor Dr. Peter Schüren (Universität Münster)
„ (…) Ein Helfer (früher: Hilfsarbeiter) kann für die gleiche Tätigkeit – z.B. einfachste Lagerarbeiten – € 8,50 pro Stunde an einem Arbeitsplatz ohne Kündigungsschutz und betriebliche Altersversorgung oder anderswo € 22 pro Stunde mit faktischer Unkündbarkeit und guten Anwartschaften auf eine Betriebsrente bekommen. Seine Situation hängt entscheidend davon ab, in welchem Betrieb er arbeitet.
Im Regelfall arbeitet ein Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber. Vergütungshöhe, Gleichbehandlung, Bestandsschutz, Betriebsverfassung und tarifliche Interessenvertretung knüpfen an das Arbeitsverhältnis und an den dazugehörigen Arbeitsplatz an. Am konkreten Arbeitsplatz – also der Einbindung in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers – hängen wesentliche Teile des Schutzes, den die Arbeitsrechtsordnung für einen abhängig Beschäftigten bereit hält. (…)“
Hier der Beitrag von Professor Dr. Peter Schüren auf „MAKROSKOP - Kritische Analysen zu Politik und Wirtschaft“ vom 1. Juni 2016
Gesetzentwurf Leiharbeit: Die Neuregelung scheint zu stehen
Zweieinhalb Jahre nach Abschluss des Koalitionsvertrages hat sich die Regierungskoalition auf neue Spielregeln "gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen" verständigt. Die Arbeitgeberverbände und die DGB-Gewerkschaften äußerten ihre Zufriedenheit mit dem Entwurf. Prekär Beschäftigte haben berechtigte Zweifel. link zum welt-kurzvideo
Die Neuregelungen des Gesetzentwurfs vom 10.05.2016 im Kurzüberblick vom Rechtsanwaltsbüro Templin & Thieß: link
Fragen und Antworten zum Gesetzentwurf
Am 16.11.2015 hatte das Bundesarbeitsministerium den „Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“ vorgelegt. Die Bundesregierung wollte die Leiharbeit „auf ihre Kernfunktion orientieren“ und den „Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen verhindern“. Im Februar 2016 legte das Bundesarbeitsministerium dann einen überarbeiteten Referentenentwurf vor. Nach weiteren Verhandlungen der Regierungskoalition liegt jetzt der Gesetzentwurf der Regierung vom 10.05.2016 vor. Damit waren einige der ursprünglich dargestellten Fragen und Antworten neu zu formulieren bzw. zu streichen. Hier die aktualisierte Fassung der Fragen und Antworten: link
Tarifrunde 2016 in der Metall- und Elektroindustrie
Im aktuellen Tarifkonflikt der Stammbeschäftigten stehen die Zeichen auf Streik.
Die IG Metall fordert 5% mehr Geld. Bislang wollen sich die Arbeitgeber nicht annähernd darauf einlassen.
Unabhängig von der aktuellen Tarifauseinandersetzung streitet die IG Metall auch für gleiches Geld für gleiche Arbeit für Leiharbeitskräfte. Für die Leiharbeit gilt aber ein anderer Tarifvertrag, der bald auslaufen wird.
Die Tarifgemeinschaft des DGB zur Zeitarbeit soll ab Ende diesen Jahres Verhandlungen führen, die uns den Zielen von gleichen Rechten und gleichem Geld für gleiche Arbeit näher bringen soll!
Der AK MiZ Hamburg informiert in einem Flugblatt darüber, was für Leiharbeitskräfte zu beachten ist, wenn es im Einsatzbetrieb zu einem Warnstreik oder Streik der Stammbelegschaft kommt:
Dürfen Leiharbeitskräfte "mitstreiken" ?
Informationen zur "Streikunterstützung" durch Leiharbeitskräfte
1. Mai 2016
Kundgebung am 9.4.2016 in München
CSU und Arbeitgeber betreiben doppelzüngiges Spiel
Interview mit Jörg Hofmann zum Gesetz Leiharbeit und Werkverträge
Eigentlich sollte das Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen im Sommer in den Bundestag gehen. Doch nun hat die CSU das Gesetz überraschend gestoppt. Ein grobes Foulspiel gegen den Koalitionsvertrag, kritisiert der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. Er sagt: Dahinter stecken offensichtlich Teile der Arbeitgeber, die mit einem doppelzüngigen Spiel das Ende einer sozialpartnerschaftlichen Politik einleiten wollen.
Viele Fragen zu Nahles' Gesetzentwurf zu Leiharbeit und Werkverträgen
Ende letzten Jahres hatte das Bundesarbeitsministerium den "Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze" vorgelegt. Die Bundesregierung wollte die Leiharbeit „auf ihre Kernfunktion orientieren“ und den „Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen verhindern“.
Mitte Februar 2016 hat dann das Ministerium eine überarbeitete Fassung auf den Tisch gelegt. Dazu ergeben sich viele Fragen, die das Anwaltsbüro Templin & Thieß (Hamburg) zu beantworten versucht: link zu Fragen und Antworten
Organisationswahlen in der IG Metall
Wahlen zu den Delegiertenversammlungen der örtlichen IG Metall
Aktuell finden in den Betrieben die Organisationswahlen der Mitglieder der IG Metall statt. Für gewerkschaftlich organisierte Leiharbeitskräfte sind insbesondere die Wahlen zu den Delegiertenversammlungen wichtig. Wenn gewerkschaftlich organisierte Leiharbeitskräfte mitreden, mitentscheiden und mitgestalten wollen, dann müssen sie auch ihre Vertreter wählen! Für diese Vertreter bedeutet das auch Arbeit. Insbesondere Überzeugungsarbeit bei den Kollegen aus den Einsatzbetrieben. Hier herrscht leider oft noch das Bewusstsein vor, das die Stammbelegschaft doch ein Stückchen gleicher ist als die eingesetzten Leiharbeitskräfte. Der „Puffer Leiharbeit“ wird viel zu oft noch als Schutz für die Stammbelegschaften angesehen. Damit wird eine Mehrklassengesellschaft unter den Beschäftigten hingenommen und gleichzeitig die Kampfkraft der Gewerkschaft im Betrieb geschwächt.
Leiharbeit und Werkverträge - Missbrauch verhindern geht anders
Das Bundesarbeitsministerium hat den lang erwarteten Referentenentwurf für ein Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen vorgelegt. Das Ergebnis ist enttäuschend: Insbesondere die Vorschläge gegen den Missbrauch von Werkverträgen sind halbherzig und völlig unzureichend. Die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte sollen nicht erweitert werden. Das ist eindeutig zu wenig.
Bei "Fokus Werkverträge" gibt es ein Flugblatt und einen Aushang für die Information im Betrieb herunterzuladen.
link zu fokus Werkverträge: https://www.fokus-werkvertraege.de/werkvertraege/artikel-allgemeine-entwicklung-werkvertraege/gesetzentwurf-mit-maengeln/
Stellungnahme der IG Metall zum AÜG-Gesetzentwurf
Gesetzentwurf mit Mängeln
18.11.2015 Ι Der Gesetzesentwurf gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen ist endlich da. Er begrenzt die Verleihdauer auf 18 Monate und führt Prüfungen für Werkverträge eine. Aus Sicht der IG Metall ist der Entwurf jedoch nicht ausreichend. Insbesondere fehlt die Mitbestimmung für Betriebsräte bei Werkverträgen.
Das Bundesarbeitsministerium hat den lang erwarteten Gesetzesentwurf gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen vorgelegt. Er sieht unter anderem eine Begrenzung der Leiharbeit auf 18 Monate vor, sowie eine schärfere Prüfung von Arbeitsverhältnissen bei Werkverträgen. Der Gesetzesentwurf soll Anfang nächsten Jahres in den Bundestag gehen und dort dann als Gesetz beschlossen werden.
Für die IG Metall ist der Gesetzesentwurf nicht ausreichend. "Insbesondere die Vorschläge gegen den Missbrauch von Werkverträgen sind halbherzig und völlig unzureichend, um Lohndumpingstrategien entgegenzutreten", kritisiert der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. Vor allem würden die Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte nur unzureichend erweitert. Der Gesetzesentwurf sieht lediglich vor, dass Unternehmen sie über Werkverträge informieren müssen. Mitbestimmen dürfen Betriebsräte jedoch nicht.
Werkverträge auf den Prüfstand
Positiv aus Hofmanns Sicht ist an dem Gesetzentwurf, dass das Umdeklarieren von Werkvertragsbeschäftigten zu Leiharbeitern im laufenden Einsatz erschwert wird. Bislang ist die Gesetzeslage hier lasch: Obwohl Werkverträge eigentlich für Spezialaufträge gedacht sind, gliedern Unternehmen zunehmend auch normale, regelmäßig anfallende Arbeit per Werkvertrag an Fremdfirmen aus. Für den Fall, dass dieser Scheinwerkvertrag auffliegt, halten die Fremdfirmen eine Verleiherlaubnis vor, auf die sie sich dann berufen.
Der neue Gesetzesentwurf sieht hier schärfere Regeln vor. An acht Kriterien soll geprüft werden, ob in Wahrheit feste Arbeitsverhältnisse beim Stammbetrieb vorliegen. Die Arbeitgeber sind damit überhaupt nicht einverstanden.
Positiv sieht die IG Metall, dass die durch die Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von Werkverträgen und Soloselbstständigkeit in das Gesetz aufgenommen werden sollen.
Leiharbeit maximal 18 Monate
Bei der Leiharbeit soll die Verleihdauer auf 18 Monate begrenzt werden. Nach neun Monaten soll der gleiche Lohn wie für die Stammbelegschaft gelten (Equal Pay). Allerdings setzt der Gesetzesentwurf keine Grenze gegen die dauerhafte Besetzung von Arbeitsplätzen durch Leiharbeiter, kritisiert Hofmann. "Die Festlegung von Höchstüberlassungsdauern regelt allenfalls den Wanderzirkus, den Leiharbeiter von Entleiher zu Entleiher erleiden müssen. Sie regelt weder deren Wunsch auf Übernahme in den Entleihbetrieb, noch den Missbrauch von Leiharbeit, wenn Arbeitsplätze dauerhaft mit Leiharbeitern besetzt werden."
Immerhin ermöglicht der Gesetzesentwurf abweichende Regelungen in Tarifverträgen. Dadurch kann die IG Metall ihre erreichten tariflichen Regelungen fortführen: die Übernahme der Leiharbeiter im Stammbetrieb. Sowie Branchenzuschläge mit schrittweiser Heranführung an die Tariflöhne der Branche des Stammbetriebs.
"Das Gesetz alleine würde nur den Drehtüreffekt verstärken, Leiharbeiter vor dem neunten Monat abzumelden", erklärt Hofmann. "Die Tariföffnung ermöglicht die Fortführung bestehender Branchenzuschlagstarifverträge und verlangt im Rahmen dieser Verträge bis zum zwölften Monat ein Entgelt zu erreichen, das einem vergleichbaren Tarifentgelt in der Einsatzbranche entspricht."
Stellungnahme von ver.di zum AÜG-Gesetzentwurf
Gesetzesentwurf zur Leiharbeit ist da – ein Flop
Berlin, 16.11.2015 – Der Gesetzesentwurf des Bundesarbeitsministeriums zu Leiharbeit und Werkverträgen ist da – für die meisten Leiharbeitnehmer/innen bringt er keinerlei Verbesserungen (siehe auch unser Beitrag vom Juli).
Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Einsatzdauer bei Leiharbeit auf 18 Monate zu begrenzen. Aber: In Tarifverträgen – auch Haustarifverträgen – sollen abweichende Regeln vereinbart werden können. Eine Obergrenze für Abweichungen gibt es nicht. Der massive Druck von CDU und Unternehmerseite hatte Erfolg: Der ohnehin schon zahme Regulierungsversuch ist vollends aufgeweicht. Und nicht nur in diesem Bereich. Bei der Bezahlung sollen Leiharbeitnehmer/innen nach neun Monaten mit ihren fest angestellten Kolleg/innen gleichgestellt werden - doch auch hier soll in Tarifverträgen Abweichendes vereinbart werden können. Wenn ein Zuschlagstarifvertrag regelt, dass der Lohn von Betroffenen bereits vor Ablauf von neun Monaten aufgestockt wird, „besteht der Anspruch auf Equal Pay (gleiche Bezahlung) erst nach einer Einsatzdauer von zwölf Monaten“, heißt es in dem Gesetzesentwurf.
Für die meisten Leiharbeitnehmer/innen bringt das geplante Gesetz rein gar nichts:
Drei Viertel der Einsätze in einem Entleihbetrieb dauern weniger als neun Monate; länger als 18 Monate arbeiten nur 14 Prozent der Leiharbeitnehmer/innen in einem Betrieb. Eine gute Nachricht gibt es immerhin: Der Einsatz von Leiharbeitnehmer/innen als Streikbrecher/innen soll verboten werden. Außerdem wird das Informationsrecht von Betriebsräten bei Werkverträgen gestärkt. Das Gesetz soll nach der Abstimmung im Bundestag zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Arbeitsministerin Andrea Nahles setzt damit einen Teil des Koalitionsvertrags um.
arbeitsmarkt aktuell (DGB, Okt. 2015):
Risiken und Reformbedarf in der Leiharbeit
Leiharbeit ist in den letzten zwei Jahrzehnten stark gewachsen. Die mit den Hartz-Gesetzen erfolgte Deregulierung hat wesentlich dazu beigetragen. Dies hat die Flexibilität für die Betriebe erhöht und Kosten gesenkt. Auch wenn die Gewerkschaften zwischenzeitlich einige Verbesserungen für Leiharbeitskräfte haben durchsetzen können, bleibt Leiharbeit nach wie vor eine atypische Beschäftigung. Das besondere Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher sowie der Leiharbeitskraft verlagert die Risiken des Arbeitsmarktes einseitig auf die Beschäftigten. So sind Leiharbeiter nach wie vor oft arbeitslos. Das Leitbild, ein Beschäftigter wird in verschiedenen Unternehmen eingesetzt, ist aber bei einem Verleiher dauerhaft angestellt, hat mit der Realität nichts zu tun. Die Risiken des flexiblen Arbeitsmarktes tragen die Beschäftigten, nicht die Arbeitgeber. Der Kündigungsschutz ist schwach. Rund die Hälfte der Arbeitsverhältnisse endet bereits vor Ablauf von drei Monaten. Insgesamt werden innerhalb eines Jahres rund eine Million Arbeitsverhältnisse beendet, obwohl nur 850.000 in der Branche beschäftigt sind. (weiter)
Die Bundesregierung zum Stand der Dinge bei der Zeitarbeit nach AÜG
Leiharbeit in einzelnen Branchen
Ein Zeichen von Ignoranz von Formen prekärer Arbeit ohne Gleichen: Auf eine Anfrage aus der Fraktion "Die Linke" im Bundestag antwortete die Bundesregierung u.a.: "(...) Auch im Rahmen der Beschäftigtenstatistik liegen gegenwärtig noch keine Angaben darüber vor, in welchen Branchen Leiharbeitskräfte eingesetzt werden. Es sind lediglich Angaben über die Beschäftigten in Betrieben, die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt in der Arbeitnehmerüberlassung haben, möglich. Die Arbeitnehmerüberlassung bildet eine eigene Branche (so genannte Wirtschaftsgruppe).
Hierbei ist keine Aussage möglich, ob es sich bei dem einzelnen Beschäftigten
um eine Leiharbeitnehmerin bzw. einen Leiharbeitnehmer oder um
internes Personal des Zeitarbeitsunternehmens handelt. (...)"
Anfrage, und Antwort der Bundesregierung