Hallo,
mal ein neues lesenswertes Buch einer ehemaligen ZAF-Unternehmerin die 2009 mit ihrer ZAF in Insolvenz ging.
Hier:
http://www.zeitarbeit-nachrichten.de/in ... 0&Itemid=1[/url]
ein kurzer Hinweis im Internet mit Verweis auf einen Presseartikel.
Das Buch hat den Titel:
Der Tagelöhner Abschied von meiner Illusion der fairen Zeitarbeit.
Verfasserin Sabine Passafaro
(ISBN: 9783852519913 )
Werde mal ein paar Passagen aus dem Buch einstellen. Sozusagen eine Leseprobe.
Immerhin aus dem Innern der ZAF-Branche mal eine Stimme die ungeschminkt einen Blick auf die Zustände sich leistet.
Seite 21-22:
Die Kleinen trifft es immer zuerst und am härtesten, meint meine Mutter. Mit "Kleinen" sind meine Mitarbeiter gemeint. Meine Eltern haben beide von der Lehre bis zur Rente im Angestelltenverhältnis gearbeitet. Mein Vater war auch immer gewerkschaftlich sehr aktiv. Sie konnten es nie so richtig verstehen, dass ich die Seiten gewechselt habe und Unternehmerin geworden bin und dann auch noch in der Zeitarbeit. Für meinen Vater war die Zeitarbeit schon immer nur ein "kapitalistisches Instrument" um die Tarifverträge zu umgehen und so billige Arbeitskräfte zu rekrutieren die dann jederzeit auf die Strasse gesetzt werden können. Mein Argument ist dann immer , dass ich niemanden zwinge einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben und dass die Zeitarbeit, wie das Wort schon sagt (Arbeit auf Zeit), eigentlich zur Überbrückung oder zur Wiedereingliederung gedacht ist-oder besser gesagt-war. Seit sich die Personaldienstleister ab dem Jahr 2004 tariflich binden mussten und im Gegenzug dafür die Überlassungsfristen und das Synchronisationsverbot aufgehoben wurde, geht es tatsächlich immer mehr in die Richtung, dass sich die Unternehmen einen gewissen ständigen Anteil an Zeitarbeitnehmern halten und somit Festeinstellungen umgehen. Die Zeiten, dass Leiharbeiter nur bei Auftragsspitzen oder für Krankheits- und Mutterschaftsvertretungen eingesetzt wurden, sind vorbei. Und auch der sogenannte "Klebeeffekt" mit welchem sich die Personaldienstleister gerne rühmen, also dass viele Zeitarbeitnehmer in ein festes Arbeitsverhältnis beim Kunden übernommen werden, gibt es nur noch selten......Vielen Arbeitnehmern, ganz besonders den Ungelernten und denen die unsere Gesetze (ihre Rechte) nicht so gut kennen, verstehen gar nicht was da mit ihnen gemacht wird.....Seite 31-33:
Freimeldungen ohne Ende, inzwischen haben wir 25 Mitarbeiter ohne Einsatz. Auch wenn 10 davon in zwei Wochen ausscheiden, sind es immer noch 15...ich muss die nächste Kündigungswelle vorbereiten....Während ich die Kündigungsfristen checke....klingelt Selma bei mir durch, Herr Nied der Onsitemanager ist hier und möche kurz mit dir sprechen.
O.k. sag ich, soll reinkommen.
Ich denk mir noch nichts Schlimmes dabei. Meistens kommt er unangemeldet vorbei wenn etwas mit den rechnungen nicht stimmt....Ich bitte ihn zu setzen und er meint, es wäre besser wenn ich mich auch setze.....Die Lage bei unserem Grosskunden hat sich dramatisch verschlechtert...Eigentlich hatte ich ja mit 14 Freimeldungen gerechnet-jetzt sind es schon 15! Und ausgemacht war auch,dass sich die Freimeldungen bis Weihnachten verteilen....Aber es läuft darauf hinaus, fährt er fort, dass das gesamte Zeitpersonal bis Weihnachten abgebaut werden muss....Ja, sagt er, momentan sehe ich keine Chance die Mitarbeiter, die jetzt freigemldet werden in absehbarer Zeit ieder vernünftig einzusetzen. Wenn überhaupt noch Personal angefragt wird dann sind entweder die Preise jenseits von Gut und Böse oder die Arbeitsbedingungen.Seite 44:
Viele Unternehmen planen für dieses Jahr sehr lange Weihnachtsferien, zum Teil wird der letzte Arbeitstag vor Weihnachten bereits der 12. Dezember sein und im Januar soll dann erst wieder ab dem 19.ten gearbeitet werden. Das wären 5 Wochen Stillstand!...Zudem haben einige der Personalchefs angedeutet, dass sie Angebote von anderen Personaldienstleistern vorliegen haben, die unsere Stundensätze um bis zu vier Euro unterbieten.Seite 47:
Drei Mitarbeiterinnen waren zusammen gekommen. Sie wollten nicht einzeln zu mir ins Büro...Diese drei sind seit 5 Jahren beim selben Kundenbetrieb im Einsatz. Davor waren alle drei mit befristeteten Arbeitsverträgen bei eben diesem Betrieb direkt eingestellt.
Da dieser Betrieb nach dem Befristungsgesetz, dann diese Frauen nicht mehr erneut mit einem befristeten Vertrag weiterbeschäftigen konnte und es angeblich aus betrieblichen Gründen nicht möglich war unbefristete Arbeitsverhältnisse zu machen, wurde den dreien gesagt, dass sie sich eine Zeitarbeitsfirma suchen sollen über diese könnten sie dann weiterarbeiten.....Zurück zu den 3 Damen deren Einstellung bei uns, nur als Übergangslösung gedacht war. Inzwischen sind 5 Jahre vergangen und jede dieser Mitarbeiterinnen war nun insgesamt 9 Jahre ohne Unterbrechung in diesem einen Betrieb beschäftigt.Seite 54-55:
Mein Telefon klingelt. Es ist Sandra meine Rechtsanwältin...Versuche deine Mitarbeiter zu beruhigen, empfiehlt sie mir, biete am besten Weiterbildungen an und mache ihnen Hoffnungen auf einen neuen Einsatz. Solange die gekündigten Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihr euch wirklich sehr um eine Weiterbeschäftigung über die Kündigungsfrist hinaus bemüht, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Klage einreichen.Das sollte mal reichen als Anreiz um sich das Buch für 17,90 Euro zu leisten wer sich den Betrag leisten kann.
Ich frage mich nur warum die Autorin bei aller Offenheit über die Zustände aber erst dann zu einer Reflektion über diese Zustände kommt, wenn ihr
selber das Wasser bis zum Hals steht.
Nachdem jetzt die Krise wieder für erledigt erklärt wird herrscht in der Branche schon wieder Aufbruchstimmung.
Faire Leiharbeit?Karl
PS:
Es handelt sich um diese ehemalige ZAF in Villingen:
http://www.competenz.com/ind_kon.html